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Update: Alle Mann von Bord: Die Titanic hat es nicht gerettet, IBM wird es auch nicht retten!

IBM hat, so die Meldungen in den vergangenen Tagen, ihr Geschäft mächtig gegen die Wand gefahren. Ein Umsatzrückgang von 12% und ein Gewinneinbruch von 11,3% wurden vermeldet. Obwohl bereits in den vergangenen Jahren viele Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben/mussten, kommt nun eine noch größere Entlassungswelle auf die Mitarbeiter zugerollt.

Verschiedene amerikanische Medien melden an diesem Wochenende, dass in den nächsten Tagen ein Viertel der IBM Mitarbeiter einen Anruf erhalten werden und das Unternehmen verlassen müssen.

To fix its business problems and speed up its “transformation,” next week about 26 percent of IBM’s employees will be getting phone calls from their managers. (Forbes)

Update:

Laut IBM ist die Meldung falsch und unstimmig. Es werden jedoch weiterhin Jobs abgebaut und die Umstrukturierung weiter vorangetrieben. Aber es seien deutlich weniger als die gemeldeten Kündigungen, es sollen nur einige tausend sein. (Anmerkung: Man darf gespannt sein, wie sich das Jahr entwickelt)

Im vergangenen Sommer habe ich ein Bild von einem großen Tanker gezeichnet („Der Spagat zwischen erneuern und bewahren„). Dazu malte ich ein paar mögliche Namensschilder daneben. Wir scherzten noch ein wenig darüber und natürlich habe ich sofort aus IBM Kreisen zu hören bekommen, dass Titanic als Alternative da nicht hingehört.

Rummmmmms!!!!

Nun ist der Kahn aufgelaufen und das Management handelt genauso: Man hofft zu retten was zu retten ist und schmeißt einen Teil der Besatzung von Bord. Sinnbildlich dazu: Die Passagiere – sprich die Kunden – werden ebenso das Schiff verlassen. Ob freiwillig oder aus purer Not.

IBM Tanker

Immer wieder gab es in den vergangenen Wochen und Monaten die Hoffnung, dass sich etwas verändert. Denn in den einschlägigen Kreisen bei Partnern, Kunden und auf Konferenzen wurde schon lange ein düsteres Bild gezeichnet. Sprach man kritisches im Kreise der IBMer an, wurde alles verneint, verschoben, vertagt und ein schöne Welt vorgegaukelt: Seht, wie gut die IBM doch da steht mit seinen Produkten – Top Leader – egal wo! Die Realität sieht – leider – schon lange anders aus.

Die große Lücke zwischen Versprechungen und Realität

Ein immer wieder aufkommender Punkt ist, dass die Anforderungen und Wünsche von Kunden nicht gehört wurden. Wichtige Features fehlen dauerhaft, einfachste Funktionen werden als Highlight verkauft („jetzt kann Connections auch @Name“) und die Usability ist – bis auf das neue IBM Verse – weit hinter den aktuellen Standards und Möglichkeiten zurück. Aber auch beim Backend bleiben die Produkte mittlerweile weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dafür fristen gute Entwicklungen ein Schattendasein, denn in jedem Quartal muss eine neue Sau durchs Dorf gejagt werden.

IBM has a sales culture. This reorganization was designed with a sales mindset. IBM has decided what it wants to sell. It assumes its customers will want to buy it. It completely ignores the fact there are other factors involved in running a successful company. (betanews)

Als Außenstehender hatte man immer wieder den Eindruck, dass die interne Kommunikation bei der IBM fehlerhaft bis nicht mehr vorhanden war. Wer persönliche Kontakte in die Organisation hat, am Besten nach Amerika, ist deutlich im Vorteil.

Das ausgesendete Signal an Kunden und Partner kann nicht katastrophaler sein: Wir haben es nicht geschafft euch den Service und die Produkte zu bieten, die ihr benötigt. Daher verringern wir unser Angebot bei Service und Entwicklung noch mehr. War die Stimmung bisher schon sehr schlecht, so wird IBM in den kommenden Jahren viel tun müssen, um nicht in der kompletten Bedeutungslosigkeit zu landen.

Lichtblick Orlando? Vielleicht?

Heute beginnt in Orlando die jährliche ehemalige Lotusphere und jetzige EdConnected. Es wird die letzte ihre Art sein. Soviel ist sicher. Man kann gespannt sein, was IBM aus dem Hut zaubern wird. An der mächtigen Schlagseite des Mutterschiffes wird das nicht viel ändern, denn die Truppe (ICS) in Orlando ist nicht viel größer wie eine Handvoll Beiboote auf der Titanic. Wichtige Signale werden trotzdem von dort gesendet werden:

  • Vielleicht erkennt man den wirklichen Willen, dass die große Transformation, die echte Erneuerung eingeläutet werden muss? Change the mindset not the employees!
  • Vielleicht sieht man echte innovative Ankündigungen, die auch bald auf dem Markt verfügbar sein werden – sprich spätestens Ende Q1/Anfang Q2? Und zwar im Jahr 2015!
  • Vielleicht richten sich Vertrieb und Entwicklung endlich nach dem aus, was die vielen sehr guten IBM Vordenker auf Kundenveranstaltungen und Kongressen erzählen? Die Lücke zwischen dem Gesagten und dem Realen ist viel zu groß.
  • Vielleicht erfahren auch nicht so große Kunden, dass sie Gehör finden für ihre Anliegen?
  • Vielleicht bekommen die vielen Business Partner eine Perspektive aufgezeigt?
  • Vielleicht bemerkt man auch, dass der große Mitbewerber Microsoft schon lange an der Transformation arbeitet und heute wieder sehr gut da steht?
  • Vielleicht bemerkt man auch, dass die Cloud die Chance für viele kleine, coole Unternehmen ist, Services wie die Großen anzubieten? Und die IBM entsprechend reagieren kann!
  • Vielleicht kommt auch dieses unsägliche Quartalsdenken und das erzielen kurzfristiger Erfolge in die Mottenkammer?
  • Vielleicht kann man auch spüren, dass so ein großes und renommiertes Unternehmen wie die IBM motiviertes Personal – denen man vertraut – in einer modernen Organisation mit innovativen Produkten braucht? Patentweltmeister zu sein hilft nicht viel, wenn man diese Patente nicht auf die Strasse bekommt!
  • Vielleicht erkennt, lebt und handelt das Management danach und wird so seiner Verantwortung gerecht?

Sehr viele große und kleine Kunden, Partner und auch die dann noch verbliebenen Mitarbeiter können nur hoffen, dass der Schaden am Rumpf nicht so groß ist wie er im Moment erscheint. Es wird sehr viele gute Ideen, Veränderungen und vor allem ein Übermaß an vertrauensbildenden Maßnahmen geben müssen, damit alle, die mit und von den IBM Produkten leben, eine Perspektive für die Zukunft haben.

Update: Anmerkung

Unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen sollen, steht die IBM vor einem massiven Umbruch. Die Positionierung der (Social-)Produkte muss neu vorgenommen werden, in vielen Bereichen muss zum Wettbewerb – teils massiv – aufgeschlossen werden und die unter „Vielleicht …“ genannten Punkte angegangen werden.