be social

Social [ Business :: Networks :: Learning ]
IT-Analyst [ Social Collaboration :: Talent Management ]

Schlagwort: Wissensmanagement

Immer wieder neu auf der Tagesordnung: Wissensmanagement, wann funktionierst du endlich mal?

Während meines Studiums in den 1990iger Jahren war eines meiner Themen “Wissensmanagement”: Wie können aus Daten Informationen werden und wie wird aus einer Information wiederum Wissen. Damals gab es die Vorstellung, dass man beliebig viel “Wissen” in Datenbanken speichern kann. Getrieben wurde diese Wunschvorstellung durch die in dieser Zeit neu aufkommenden Technologien: das Internet, vernetztes Arbeiten in Datenbanken, E-Mail, Office-Pakete (sprich: Weg von der Schreibmaschine) usw. Umfangreiche und sehr komplexe Anwendungen wurden entwickelt. Man war von der Idee getrieben, dass das in den Köpfen und den in den Papierstapeln vorhandenes Wissen nur genügend Platz und Raum auf den Server erhält, um darin abgespeichert zu werden. Endloslange Taxonomien – sprich Auswahllisten über mehrere Seiten – wurden entwickelt, denn das Wissen musste ja wieder aufgefunden werden. Und was nicht in Taxonomien gepasst hat, steckte man in eine wie auch immer geartete Ordnerstruktur. Felder wurden bis zum Abwinken definiert, damit aber auch wirklich jede noch so kleine Information seinen Platz finden kann. Arbeitsgruppen wurden gebildet, neue Server mit den damals noch relativ teuren Festplatten wurden angeschafft. Neue Workflows und Prozesse wurden eingeführt, damit aber auch wirklich jede/r im Unternehmen nicht vergisst, diese in Zukunft wertvollen Datenbanken vollständig auszufüllen.

Technik: Neu, noch nicht ausgereift, falsch eingesetzt

imageDas Ergebnis war und ist weiterhin sehr ernüchternd. Natürlich haben wir heute so viele Informationen wie noch nie zuvor. Im Prinzip kann heute alles im Internet nachgeschlagen werden. Aber was ist mit dem Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter. Da sieht es doch noch immer sehr traurig aus. Fast jeder Nicht-Blue-Worker in einem Unternehmen haben Zugriff auf einen PC, ein Notebook oder ein Smartphone. Aber werden diesen Dateneingabegeräte genutzt, um das persönliche Wissen anderen im Unternehmen als Informationen zur Verfügung zu stellen?

imageLeider nein. Noch immer wird das mögliche Potential nicht ausgenutzt. Seit über 20 Jahren ist das größte Wissensmanagementsystem, Kommunikationsallheilmittel und Dokumentenmanagementplattform die E-Mail. Natürlich nur für das persönliche Wissensmanagement. Alternativ sind Fileserver nach wie vor groß im Rennen. Beides sind jedoch Systeme, die einen Aufbau von gemeinsamen Wissensdatenbanken verhindern. Auf eine Mailbox darf entweder nicht von jemanden anderes zugegriffen werden oder, falls doch, können die KollegInnen mit der Struktur nichts anfangen. Fileserver sind in ihrer Struktur statisch, fördern das doppelte Ablegen von Dateien und die darin abgespeicherten Inhalten sind nur sehr aufwendig wiederverwendbar.

Nicht die Technik ist das Hauptproblem!

Vor 20 Jahren war die Erkenntnis vielleicht noch nicht so weit, dass Wissensmanagement auch, aber nicht nur ein technisches Problem ist. Heute weiß man es, bzw. sollte man es besser wissen: Werkzeuge sind nicht das tatsächliche Problem beim Wissensmanagement.

Die beste Technik nützt nichts, wenn die Barrieren für jeden einzelnen zu hoch sind. Unser tägliches Arbeiten und Miteinander ist – überspitzt, aber leider häufig anzutreffen – geprägt durch unendlich viele Regeln, das Misstrauen untereinander, die Unkenntnis über Notwendigkeiten, fehlende Einsichten und Qualifizierung, verkrusteten Hierarchien, betoniertes Denken und vieles mehr.

Einiges davon ist menschlich und kommt immer wieder vor. Aber daran kann man –  wenn man möchte – arbeiten, um dem Ziel eines freien Austauschs von Wissen näher zu kommen. Das meiste davon ist aber leider gewollt. Barrieren gibt es in vielen Arten und Ausprägungen. Immer wieder stößt man auf Aussagen wie “Bevor das gemacht wird, muss aber erst …” und dann folgt eine Kette von Aufzählungen:

  • erst dies und das erfüllt sein!
  • der und die informiert werden!
  • dieser und jene seinen Segen geben! 
  • der X und die Y man in den Glauben versetzt werden, es erfunden zu haben?

Grundsätzlich ist an dieser Aufzählung nichts verwerfliches. Natürlich gibt es Dinge, die müssen erfüllt werden, damit etwas passiert. Selbstverständlich sollen, wollen und müssen Kollegen, Kunden oder wer auch immer informiert werden  – viel schlimmer ist, dass man sich häufig keine Gedanken darüber macht, die richtigen(!) Personen zu informieren. Der Segen der entsprechenden Personen ist natürlich auch notwendig. Auch wenn man es häufig mit großer Verwunderung beobachten und erleben kann, dass erwachsene Menschen, die eine Ausbildung und Berufserfahrung haben, zuhause Kinder erziehen und ein Haus gebaut haben, in Unternehmen auf ein Mindestmaß an Entscheidungsfreiheit heruntergestutzt werden. Nur den letzte Punkt könnten wir bald möglichst abschaffen.

Das Problem an dieser Aufzählung und damit auch zum Problem für das gelebte Wissensmanagement im Unternehmen ist, dass diese Punkte oftmals gegen jegliche Vernunft und Logik Stand halten und Geltung haben, ob sie Sinn machen oder nicht. Die Folge ist der schnellen Tod des teuer eingeführten Wissensmanagementsystem. Der persönliche Wissenstransfer wird nicht mehr gepflegt wird und somit das gemeinsame vorankommen erschwert  oder gar unmöglich wird.

Wie gibt man Wissen weiter?

Wissen gibt man nur von sich, wenn man es persönlich möchte, wenn man sich wohlfühlt, man der Umgebung vertraut und auch einen wie auch immer gearteten persönlichen Vorteil sieht. Natürlich antwortet man auf gestellte Fragen, aber wenn man sich unwohl fühlt, dann nur das Notwendigste. Wenn man der Person gegenüber nicht vertraut, dann kann die Wahrheit sehr dehnbar werden. So ist es auch mit den Anwendungen, die wir nutzen: Nur wenn die Anwender keine Barrieren jeglicher Art haben, wenn sie wissen, was sie tun und wenn sie vertrauen zum ganzen System – Software, Unternehmen, Kollegen usw. – haben, werden sie aus eigenem Antrieb heraus ihr Wissen weitergeben.

Es hat sich vieles verändert. Trotzdem ist unsere (Arbeits-)Umwelt in vielen Fällen noch immer nicht so, dass man sein persönliches Wissen gerne weiter gibt. Somit werden wir uns alle  paar Jahre wieder mit der Fragen auseinandersetzen müssen: Wie wird Wissen erfolgreich –  auf technische und nicht-technische Art – im Unternehmen weitergegeben?

Siehe auch Harald Schirmer: Lebendiges Wissen vs. Wissensmanagement

Dieser Post entstand in Zusammenarbeit mit dem HP Business Value Exchange Blog.